Wintergemüse - Vitamine in der dunklen Jahreszeit
Der Biosphärenpark Wienerwald ist geprägt von einer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft. Anlässlich des 15-jährigen Bestehens des Biosphärenpark Wienerwald wollen wir Ihnen in der Reihe „15 Jahre – 15 Produkte“ Menschen sowie deren Produkte vorstellen, die diese Kulturlandschaft gestalten. Über das Jubiläumsjahr verteilt führen wir Sie durch die Biosphärenpark-Gemeinden und Bezirke und erzählen Geschichten lokaler ProduzentInnen.
Stephan Teix – Asperhofen - Wintergemüse
Ganz schön frisch ist es an diesem Jännermorgen, als wir in Asperhofen ankommen. In der Gaststube hat Stephan Teix schon den Schwedenofen angeheizt, „damit wir gemütlich plaudern können“.
Der Bio-Erlebnishof von Stephan Teix blickt auf eine lange Geschichte zurück – er bewirtschaftet ihn mittlerweile in fünfter Generation. Schon sein Vater wollte den Trend der Intensivierung und Spezialisierung, hin zu immer mehr, größer, billiger, nicht mitmachen. „Da hat er sich immer schon rausgehalten“. Eigentlich wollte Stephan Teix gar nicht Bauer werden, sich nicht an die Vorschriften, wie sie damals gelehrt wurden, halten. „Wenn dich das Bauersein so nicht interessiert, dann interessierst du dich eben für den biologischen Landbau“, sagte ihm sein Bruder damals. 1985 wurde also auf biologische Bewirtschaftung umgestellt - und tatsächlich: Mit der Direktvermarktung, der Hof-Öffnung und dem Kundenkontakt kam schnell die Freude am Bauersein.
Heute gibt es am Hof Waldwirtschaft und Gemüsebau. Seit drei Jahren wird auch verstärkt Wintergemüse angebaut. Zu alten Bekannten wie Karotten, Pastinaken, Roten Rüben, Lauch, Kohlsprossen, Chinakohl und Endiviensalat kam eine Vielzahl an verschiedenen Wintersalaten: Winterkresse, Tatsoi, Rucola, Winterpostelein, Red Giant, Winterriesen, Mizuna und Hirschhornwegerich liefern uns im Winter nicht nur wertvolle Vitamine. Sie sorgen auch dafür, dass der Boden bedeckt und so vor Erosion geschützt ist. Außerdem sichert der Verkauf von Wintergemüse das Einkommen des Gemüsebauers in der kalten Jahreszeit.
Der Anbau von Wintersalaten ist laut Stephan Teix „sehr entspannt“, weil Schädlinge und Beikräuter eine Pause einlegen – die Salate wachsen einfach ruhig im unbeheizten Folientunnel vor sich hin. Der Absatz gestaltet sich aber manchmal schwierig. „In der Gastronomie gibt es noch ein bisschen Aufklärungsbedarf, weil die meisten Leute diese Vielfalt gar nicht gewohnt sind.“
„In Wirklichkeit ist es ja viel teurer“
Später, beim Rundgang über das Feld: Am Beispiel seiner Kohlsprossen, die, wie Stephan Teix ganz stolz erzählt, dieses Jahr besonders schön geworden sind, erklärt er, was sein Wintergemüse mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Kohlsprossen sind ein sehr arbeitsintensives Gemüse: Im Juni werden sie gesetzt, anschließend wollen sie gegossen, gehegt, gepflegt und schließlich, mehr als ein halbes Jahr später, in Handarbeit geerntet und geputzt werden. „Und dann sehe ich, dass biologische Kohlsprossen aus Holland um 4,50€ pro Kilo hier her geliefert werden. Da kann ich gar nicht mit“, sagt er kopfschüttelnd. Aber: Die Kosten für die Umwelt, verursacht unter anderem durch Transport und Verpackung, spiegeln sich nur selten im Preis wider. Auch die Leistungen, die lokale Bauern für die ländlichen Gemeinschaften erbringen, etwa durch ihr Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr, oder als Träger von landwirtschaftlichem Wissen und Kultur, lassen sich nur schwer beziffern. „Das ganze Drumherum, was da alles dranhängt, das muss uns halt bewusst sein“, meint Stephan Teix.
Dabei hat auch die Regionalität einen Wert. „Eine Region ist übersichtlich, nahbar und angreifbar. Man muss selbst noch draufschauen können“, so die Definition von Stephan Teix. Eine seiner großen Herausforderung ist es, die Leute davon zu überzeugen, für diesen Wert ein paar Euro mehr auszugeben.
Mit Talenten die Gemeinschaft bereichern
Stephan Teix ist aber nicht einfach nur Landwirt. Auf seinem Erlebnishof veranstaltet er auch regelmäßig Konzerte, Tanzabende, Obstbaumschnittkurse oder Gemüsebaunachmittage für Kinder – alles, was Spaß macht. Außerdem hat er vergangenes Jahr gemeinsam mit anderen engagierten Menschen den Verein „Talente“ gegründet. „Ich wünsche mir, dass die Menschen in sich gehen und sich fragen, was sie in ihrem Leben wirklich gerne machen. Und das sollen sie dann nicht verstecken, sondern herzeigen.“
„Zwei Schritte zurück ist unser größter Fortschritt“
Das ist Stephan Teix‘ Weg zur Nachhaltigkeit – nicht alles haben zu müssen, sondern mit dem Notwendigen auszukommen. „Früher“, so sagt er, „hatte das einen Wert“. Da möchte er wieder hin.