6. Forschungsvormittag im BPWW - Streuobstwiesen, Totholz und Insekten im Waldökosystem
Für großes Interesse sorgten die Vorträge am 6. Forschungsvormittag des Biosphärenpark Wienerwald Managements.
Insekten und ihre Bedeutung für das Waldökosystem
Den Anfang machte Dr. Martin Schebeck (BOKU, Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz) mit seinem Vortrag über die aktuelle forstentomologische Forschung im Biosphärenpark Wienerwald an der BOKU University oder anders gesagt über die Bedeutung der Insekten für das Waldökosystem. Grundsätzlich haben Insekten wie der Borkenkäfer wichtige Aufgaben im Waldökosystem. So halten sie durch den Abbau von organischen Substanzen den Stoffkreislauf im Gang, verbreiten Samen und Früchte oder spielen in der Räuber-Beute-Beziehung eine wichtige Rolle. Zu Schädlingen werden Insekten dann, wenn sich deren Lebensweise mit den Interessen der Menschen überschneidet. Anhand von Laborexperimenten und Freilandbeobachtungen wurde das Schadpotential eines Borkenkäfers, das Kiefernsterben und die Douglasie als Zukunftsbaum untersucht. Den TeilnehmerInnen wurde anhand des Buchdruckers, einer Borkenkäfer-Art, ein genauer Einblick in die Forschungstätigkeiten gewährt. Zusammenfassend lässt sich sagen, der Klimawandel trägt zu einer längeren Aktivität und höherem reproduktiven Output bei Insekten bei. Diese nutzen die Signale aus der Umwelt, um in die Diapause - also ihre Entwicklungsruhe - einzutreten und so die für sie ungünstigen Phasen am Wirt zu überstehen. Außerdem kann der Klimawandel zu Veränderungen von zwischenartlichen Interaktionen wie z.B. von Borkenkäfer und Pilz Symbiosen führen. Ungeachtet der waldökologischen Diskussion die Baumart Douglasie bei uns künstlich einzubringen konnte gezeigt werden, dass vor allem unter heiß-trockenen Bedingungen, die pilzliche Erreger und Insekten als Folgeschädlinge hervorrufen, die Douglasie als Zukunftsbaumart kritisch zu betrachten ist.
Streuobst neu gedacht
Der zweite Vortrag widmete sich ganz dem Forschungsgegenstand „Streuobstanbau in Österreich“. Dr. Siegfried Pöchtrager und Johanna Huber, MSc (BOKU, Institut für Marketing und Inovation) zeigten dabei auf welches Vermarkungspotential Streuobstwiesen und ihre Produkte mit sich bringen. Streuobstwiesen stellen nicht nur das artenreichste Ökoystem Mitteleuropas dar, sondern auch das älteste Nutz-Ökosystem. Einerseits ist es Wirtschaftszweig aber auch Selbstversorgung für LandwirtInnen. Großen Konkurrenzdruck verspürt der Streuobstanbau in Österreich durch den Intensivobstanbau. Derweil schlummern in den Früchten der Streuobstwiesen großes (Vermarktungs-)Potential. Zwar sehen die Früchte von Streuobst nicht immer so schön glänzend und prall aus wie jene aus dem Intensivanbau, der Geschmack ist vielfältiger und weniger standardisiert aber genau diese Vielfalt wirkt sich förderlich auf die Gesundheit aus und öffnet neue Zielgruppen. Mit einem speziell auf gesundheitliche Aspekte ausgerichteten Fortbildungs- und Schulungsangebot können neue Zielgruppenbereiche wie Lehr- und pädagogisches Personal, medizinisches Fachpersonal, Gastronomie und LandwirtInnen aber auch Privatpersonen angesprochen werden. Die Wertigkeit der Streuobstwiesenprodukte muss neu bewertet werden. Sei es durch die Aufmachung der Verpackung z.B. Speisempfehlungen zum Direktsaft oder entlang der Wertschöpfungskette wie beispielsweise nachgelagert als hochwertiges Futter (Pressrückstände) für Nutztiere, in den Produkten von der Streuobstwiese schlummert ein großes Marktpotential. Durch die Erweiterung des Handlungsspielraums können Streuobstwiesenbestände erhalten und ausgeweitet werden.
BPWW-Kernzonen: Ein Vergleich
Nach einer kurzen Pause ging es direkt zu den Kernzonen im Biosphärenpark Wienerwald. Dr. Eduard Hochbichler (BOKU, Institut für Waldbau) stellte dem interessierten Publikum Ergebnisse aus den Wiederholungsaufnahmen des Kernzonen-Monitorings ausgewählter Kernzonen vor. Bereits in den Jahren 2007 bis 2009 wurde ein Monitoring-Netz mit etwa 1.700 Stichprobe-Punkten in den Biosphärenpark Wienerwald Kernzonen eingerichtet und Aufnahmen der verholzten Vegetation, zu Totholz und den standörtlichen Gegebenheiten durchgeführt. Diese Stichproben-Punkte wurden in den Jahren 2017 bis 2022 abermals aufgesucht und eine Wiederholungsaufnahme durchgeführt. Durch den Vergleich der beiden Aufnahmeperioden können Aussagen zur Entwicklung sowie dem aktuellen Zustand der Kernzonen getätigt werden. Erfreulich ist die hohe Baumartenvielfalt. Wobei Buche und Eiche die dominierenden Baumarten darstellen. Während die Totholzstruktur tendenziell zugenommen hat sind, zumindest derzeit, Veränderungen in der zukünftigen Zusammensetzung der Waldbestände zu erwarten. In den Altbeständen sind Eichen-Arten, in Abhängigkeit der Kernzone, noch prominent vertreten. Betrachten wir die Verjüngung so zeigt sich, dass sich die Eiche verjüngt und Jungpflanzen anzutreffen sind. Mit Fortlauf der Zeit gelingt es der Eiche – ohne steuernde Eingriffe des Menschen – jedoch nicht sich in den Kernzonen weiter zu entwickeln und die Licht-Baumart fällt aus.
Totzholzkäfer - Urwaldrelikte im BPWW
Zum Abschluss des lehrreichen Vormittags stellte Sandra Aurenhammer, MSc. (Ökoteam Institut für Tierökologie und Naturraumplanung) die Ergebnisse des mehrjährigen Kooperationsprojektes der vier niederösterreichischen Großschutzgebiete Nationalpark Donau-Auen und Thayatal, Biosphärenparks Wienerwald und Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal zum Thema xylobionte Käfer vor. Im Mittelpunkt des Vortrags stand das Untersuchungsgebiet Biosphärenpark Wienerwald. Um repräsentative Ergebnisse der Artengemeinschaften verschiedenster Lebensräume zu erzielen, wurden Handbesammlung, Kreuzfensterfallen und Lichtfallen eingesetzt. Erfreulicherweise kommen im Wienerwald schätzungsweise mindestens die Hälfte aller Niederösterreichischen Totholzkäferarten vor. Darunter auch der sehr seltene Bleiche Alteichen-Nachtbock (Trichoferus pallidus). Erwähnenswert ist das Vorkommen von Urwaldreliktakten. Diese sind hochgradig gefährdet und sehr selten nachzuweisen. In den Kernzonen des Biosphärenpark Wienerwald konnte beispielsweise Brachygonus ruficeps nachgewiesen werden. Diese Urwaldrelikte benötigen Baumhöhlen wie sie beispielsweise bei Eichen vorkommen. Bemerkenswerte Nachweise sind außerdem Buchen-Spezialisten wie der Düsterkäfer oder Stäublingskäfer die nur mehr vereinzelt in Europa vorkommen.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts "Umweltkommunikation und Bewusstseinsbildung im Biosphärenpark Wienerwald" statt und wird gefördert vom Europäischen Landwirtschaftsfonds für Entwicklung des ländlichen Raumes sowie den Ländern Niederösterreich und Wien.